Du willst selbstbestimmt leben und dein Leben nach deinen Regeln führen? In diesem Interview zeigt dir Lena Kampfhofer, wie sie als Coachin und Mama ihren eigenen Weg geht und wie du Konflikte im Außen souverän meistern kannst.
Lena und ich haben uns durch das Blog-Jahresprogramm “The Content Society” von meiner Blog-Mentorin Judith kennengelernt. Sie ist Coachin, Mama von drei Kindern und u.a. auch Bestandteil meiner Mom-Portrait-Reihe. In ihrem ganz persönlichen Mom-Portrait berichtet sie von ihrer Mutterschaft. Wie die Anfänge als Mama waren und wie es sich über die Jahre entwickelt und verändert hat.
Im Oktober letzten Jahres hat Lena auch eine Blogparade zum Thema “Individuell, frei, selbstbestimmt – so leben wir als Familie” veranstaltet. Das hat mich u.a. zum Anlass gebracht, sie zu einem Interview über das Thema “selbstbestimmt leben” einzuladen.
In unserem Interview berichtet Lena nicht nur von ihrer eigenen Erfahrungen oder gibt Einblicke, was sie unter selbstbestimmten Leben versteht und wie sie dieses lebt. Sie gibt dir auch viele Impulse an die Hand, wie du mehr Klarheit für dich findest und wie du mit möglichen Konflikten von Außen umgehen kannst.
Was bedeutet denn für dich „selbstbestimmt zu leben“?
Also ganz einfach in einem Satz gesagt bedeutet das, so zu leben, wie es zu mir passt. Das wäre die einfachste Beschreibung.
Ein bisschen länger gesagt bedeutet das für mich, dass ich mein Leben nicht in erster Linie danach ausrichte, wie andere das für gut und richtig finden, oder “wie man das so macht”, sondern wie es zu meinen Werten und zu meinen Bedürfnissen passt.
Wie ich denke, dass es richtig ist und ganz wichtig, wie es sich für mich gut und stimmig anfühlt. Also dass ich viele Dinge mache, für die mein Herz wirklich schlägt oder wo mein Herz so aufgeht.
Wie hat sich das Thema “selbstbestimmt leben” bisher in deinem Leben geäußert?
Durch die Blogparade hab ich ganz viel reflektiert. Da habe ich gemerkt, dass es bei mir tatsächlich schon in der Jugend und in der Kindheit, so war, dass ich Dinge wirklich sehr selbstbestimmt gemacht habe.
Zum Beispiel hab ich mich schon als Kind vegetarisch ernährt. Das war erstmal einfach, weil das von zu Hause aus so kam. Aber das wirklich durchzuziehen, bei Verabredungen mit Freunden oder wenn wir mit der Schule Ausflüge gemacht haben oder im Schullandheim waren.
Da war ich also eine Woche weg und war weit und breit das einzige Kind bzw. die einzige Schülerin, die sich vegetarisch ernährt hat. Das ist ja nun schon so 30 Jahre her und man hat das damals halt einfach nicht gemacht. Auch das Ganze bei meinen Großeltern durchzuziehen, das war hart.
Oder was ganz Kleines. Ich habe früher, das war so in der 5./6. Klasse, mir in der Schule – wir mussten ja unsere Schulhefte selber kaufen – Recyclinghefte gekauft. Also Hefte mit dunklem Papier. Recyclingpapier war damals noch dunkel. Das fanden meine Freunde total uncool, aber es hat damals schon meinen Werten entsprochen. Ich konnte das natürlich nicht so formulieren, aber sowas wie Ökologie und Nachhaltigkeit, das war mir schon damals wichtig. Deswegen hab ich das so gemacht, auch wenn alle das blöd fanden.
Aber so richtig Thema wurde es, als ich Mutter wurde. Als ich schwanger war und als ich ein kleines bzw. zwei kleine Kinder hatte. Da habe ich noch viel mehr mein Leben so gestaltet, wie es zu mir oder zu uns als Familie passt. Und das war eben oft nicht konform mit dem, “wie man das so macht” oder wie das so üblich ist.
Das war schon herausfordernd. Weil ich einerseits, warum auch immer, wirklich diesen Drang oder diese Bewegung in mir hatte, es so zu tun, wie es sich für mich stimmig anfühlt. Gleichzeitig sind mir natürlich auch Meinungen von anderen entgegenkommen. Und da sind wir ja dann gleich in einem inneren Konflikt. Also dem Konflikt, wie ich mit so etwas umgehe?
In Bezug auf deine Mutterschaft, was war da, was jetzt nicht der Norm entsprochen hat?
Das war wirklich eine Menge. Zum Beispiel war für mich klar, dass meine Kinder zu Hause zur Welt kommen, als Hausgeburten. Dann haben wir unser Leben sehr ökologisch gestaltet. Also von der Ernährung her haben wir komplett Bio gekauft, das ist jetzt auch gängiger als vor 16 Jahren. Auch die Kleidung meiner Kinder. Da wollte ich auch gerne, dass alles entweder Secondhand ist, oder aus ökologischem Landbau kommt. Dann das Thema Spielsachen, dass das nicht irgendwelche Plastiksachen sind, sondern naturbelassene Spielsachen.
Das sind alles Sachen, die jetzt schon viel mehr in der Gesellschaft angekommen sind. Aber weil wir so viel in der Richtung durchgezogen haben, war das damals schon ein bisschen speziell.
Auch das wir keinen Fernseher haben oder mit den Kindern nicht Fernsehen.
Wir haben sogar keine Hörspiele mit den Kindern gehört als sie klein waren, sondern dann vorgelesen oder Geschichten erzählt. Also ganz viele kleine Entscheidungen. Eine große war dann, dass wir entschieden haben, dass unsere Kinder nicht in den Kindergarten gehen, nachdem wir da schlechte Erfahrungen gemacht haben. Das ist eigentlich ein ganz gutes Beispiel für eine selbstbestimmte Entscheidung.
Natürlich war ich nicht in allen Bereichen immer selbstbestimmt und total reflektiert, für mich war zum Beispiel einfach klar, dass Kinder mit 3 Jahren in den Kindergarten gehen.
Da habe ich nicht weiter drüber nachgedacht. Die selbstbestimmte Entscheidung, das nicht zu tun, die war dann ein intensiver? Prozess.
Ich hatte dann 2 Kinder, die nicht im Kindergarten waren und jetzt bei meinem dritten Kind, haben wir dann wieder neu entschieden.
Sie ist mit 4 Jahren in den Kindergarten gekommen, obwohl wir eigentlich Kindergarten-frei gut finden. Aber wir schauen immer, was passt jetzt? Was passt jetzt zu mir? Was passt jetzt zu unserer Familie?
Wie erging es dir damit, “anders zu sein” als die Norm?
Das war tatsächlich nicht immer leicht. Konflikte gab es, und Gegenwind von der Verwandtschaft, von den Großeltern vor allem. Gerade mit dem Thema „Kindergarten-frei“, zusätzlich zur vegetarischen oder später veganen Ernährung. Da gab es eigentlich am meisten Kritik und Unverständnis.
Was aber auch schwierig ist, ist das Thema: “Was denke ich, was andere Leute über mich denken?”. Davon bin ich auch nicht frei. Oft dachte ich, dass andere etwas, was ich mache, komisch finden. Ohne das wirklich zu wissen. Ohne dass Menschen das gesagt haben. Im Laufe der Zeit habe ich die Erfahrung gemacht, dass es gar nicht alle komisch finden. Manche finden das sogar toll oder fühlen sich davon inspiriert, wie ich das mache.
Aber es gab auf jeden Fall auch Zeiten, in denen ich mich damit alleine gefühlt habe. Gerade diese Entscheidung, die Kinder nicht in den Kindergarten zu geben, da waren wir wirklich weit und breit die einzigen.
Dieses alleine damit sein, anders sein und irgendwie komisch sein, das sind schon Sachen, die auf jeden Fall auch Thema waren.
Was denkst du, ist essenziell, um “selbstbestimmt leben” zu können?
Da gibt es auf jeden Fall eine ganze Menge.
Total gut ist, wenn man bemerkt, man ist da in diesem Konflikt zwischen “andere machen das so ” und “ich möchte das aber anders machen”. Also zum Beispiel die Nachbarn, die anderen in der Schule, die Eltern oder die Verwandtschaft. Sich wirklich einmal klarzumachen, was sind eigentlich meine persönlichen Werte?
Und ich glaube, viele Menschen, so war es bei mir auch, haben sich da noch gar nicht mit ihren Werten beschäftigt. Das ist ja auch irgendwie so ein abstrakter Begriff. Aber hier wirklich zu schauen, was sind meine Werte, die ich in meinem Leben verwirklichen möchte? Nach denen ich mein Leben gestalten möchte? Und was sind eigentlich die Werte, die mir als Kind vermittelt wurden, die in meiner Familie wichtig sind? Denn da tun sich oft schon die ersten Konflikte auf. Es gibt dann ganz schnell inneren Stress, den wir erleben, wenn wir etwas anders machen als unsere Familie. Das ist uns oft gar nicht bewusst.
Aber dieses angepasst sein und dazuzugehören oder zugehörig zu einer Gemeinschaft zu sein, also zum Beispiel zu der Familie, das sind so elementare Bedürfnisse, wie so eine Ur-Bewegung in uns. Wenn wir dann sagen: “ ich mache es aber jetzt anders”, dann ist in uns eine Bewegung, die löst eine Art von Stress und innere Unruhe aus. Sich das mal klarzumachen als Erstes: “So, da möchte ich gerne hin. Das ist das, wie ich das kenne und da gibt es eine Differenz”. Das finde ich schon sehr hilfreich.
Und dann zu schauen, ok, was sind meine Bedürfnisse? Was brauche ich im Leben, damit es mir gut geht? Zu schauen, wie kann ich diese Bedürfnisse in meinem Leben erfüllen? Wie kann ich da selber gut für mich sorgen? Für mich gehört zum selbstbestimmten Leben auch sehr viel Selbstverantwortung. Es geht dann nicht mehr nur darum, dass die anderen immer was machen sollen oder lassen sollen, sondern wirklich für sich einzustehen. Da finde ich es total hilfreich, wenn man sich Leute sucht, die ähnliche Werte haben.
Dass man nicht ständig in diesen inneren Konflikten, ist anders zu sein. Es ist einfach leichter, wenn man auch Kreise hat, indem man sich wohlfühlt, weil man über bestimmte Dinge gar nicht diskutieren muss oder sich verteidigen muss oder meint, man müsste es machen.
Und auf noch einer tieferen Ebene, die aber auch sehr viel Reflexion braucht, finde ich es total hilfreich, wenn wir uns klarmachen, was wir als Konflikt im Außen erleben. Oder was wir so nach außen projizieren. Wenn ich zum Beispiel denke, die Nachbarn finden das dämlich, was ich mache. Und ich leide irgendwie dann darunter, dass die mich scheinbar schief angucken oder blöde Kommentare machen. Dann mal zu schauen, ok wie gehe ich denn eigentlich damit um, wenn Menschen irgendwas machen, was mir nicht gefällt?
Was ist, wenn ich durch die Stadt laufe, und da sind Leute und die gefallen mir nicht, die machen irgendwas, was ich dämlich finde, gucke ich sie vielleicht auch schräg an?
Weil ganz oft ist das, was wir im Außen erleben und kritisieren das, was wir in gewisser Weise auch selber tun.
Und da können wir wirklich in eine innere Arbeit gehen. Wenn wir das selber in uns erkennen und Schritt für Schritt verändern, dann ist es auch nicht mehr so ein großes Thema im Außen.
Das ist aber etwas, was jetzt nicht mal eben so geht, das ist wirklich auch ein längerer Prozess.
Hast du Tipps, wie ich damit umgehen könnte, wenn ich durch mein “selbstbestimmtes leben” auf einen Konflikt im Außen treffe?
Im Grunde ganz viel von dem, was ich schon gesagt habe.
Also, wenn ich meine Bedürfnisse kenne und gut für mich sorge, dann kann ich meine Kraftquellen anzapfen und mich stabiler fühlen. Dann haut es mich nicht sofort um, wenn so ein Spruch kommt. Wenn ich einfach weiß, so wie ich das mache, ist das für mich richtig! Wenn ich weiß, es gibt Leute, bei denen fühle ich mich wohl, weil die das genauso oder ähnlich sehen. Dann fühle ich mich nicht so alleine.
Man kann sich auch tatsächlich überlegen – insbesondere wenn das öfter vorkommt, in der Familie zum Beispiel oder in der Nachbarschaft, dass man irgendwelche Sprüche abbekommt – sich wirklich auch strategisch zu überlegen, wie möchte ich denn damit umgehen?
Wie möchte ich denn eigentlich darauf reagieren? Was wäre da für mich eine gute Strategie? Und sich die dann zusammenzulegen und das zu üben. Das kann ja sein, dass ich einfach nur nicke und sage: “ ja, ja” oder irgendwie einen Satz heraushaue. Vielleicht was Freches. Oder vielleicht versuche ich ins Gespräch zu gehen. Aber da kann wirklich jede und jeder für sich schauen, was da die eigene gute Strategie ist, da hätte ich jetzt keine allgemeine.
Aber generell, wenn ich weiß, dass etwas für mich richtig ist, dann kann ich das auch besser nach außen verkörpern. Dann bin ich auch deutlich klarer in dem wie ich mich verhalte.
Und es ist hilfreich, sich mit den eigenen Glaubenssätzen zu befassen. Was sind denn meine Überzeugungen, wie Dinge sein sollten? Denn es ist ja auch eine möglicherweise ein Glaubenssatz, dass alle damit einverstanden sein müssen oder sollen, wie ich das mache?
Und so einen Glaubenssatz und solche Gedanken kann man wirklich gut hinterfragen. Denn vielleicht ist es auch vollkommen ok, dass andere eben nicht einverstanden sind, mit dem wie ich das mache. Da haben wir noch bestimmt viele andere Glaubenssätze.
Sich da selber mal beim Denken zuzuhören oder das aufzuschreiben, was denke ich eigentlich über diese Situation? Was denke ich darüber, wie die anderen sein sollten? Was denke ich darüber, wie ich sein sollte und wie ich reagieren sollte?
Wir haben nämlich auch oft hohe Ansprüche an uns selbst. Zum Beispiel den Anspruch an uns selbst, dass wir so eine Situation, wenn uns Kritik entgegengebracht wird, gut händeln müssen.
Also müssen wir das? Vielleicht müssen wir ja gar nicht immer gut kontern können. Da wirklich die eigenen Glaubenssätze nochmal genau anschauen, das macht auch vieles leichter.
Liebe Lena, ich danke dir vielmals für diese Einblicke und die vielen Impulse, die du durch dieses wundervolle Interview gegeben hast. Und wenn du Unterstützung dabei benötigst, deinen für dich individuellen Weg in deiner Mutterschaft zu finden, dann melde dich gerne bei mir. Ich begleite dich im Rahmen meines Coachings gerne dabei. Lass uns unverbindlich sprechen und schauen, wie ich dir helfen kann.